Verkäuferin im Unverpackt Laden mit Kundin.
Fotografin: Nadine Kopp

In was für einer Welt wollen wir leben?

Warum wir manchmal mehr Macht haben, als uns bewusst ist.

Wir leben in bequemen Zeiten, in denen alles immer verfügbar ist  Aber welchen Einfluss hat das auf unsere nächste Umgebung und was passiert mit unserem Geld wirklich? Und mit welchen Konsequenzen? Darüber hat sich unsere Autorin Chrissi Holzmann, selbst Ladenbesitzerin, Gedanken gemacht. 

Wie unser Konsum die Nachbarschaft beeinflusst

Was passiert, wenn wir die Welt vor unserer Haustür retten

„Ich muss nur noch kurz die Welt retten“: wem Tim Bendzko mit diesem Titel etwas zu hoch gegriffen hat, der kann jetzt erst einmal durchatmen. Wir fangen kleiner an: in unserem Kiez. Haustür auf, links entlang, rechts entlang… unser direktes Umfeld. Wie sieht’s hier aus? Ist der Ort, in dem ich lebe, lebenswert und stimmt er mit meinen Werten überein?

Konsum als Machtinstrument: Wen unterstützen wir mit unseren Entscheidungen?

Klar, wir Konsument:innen können das alles nicht alleine bestimmen. Es braucht Entscheidungen aus Wirtschaft und Industrie und es benötigt Leitplanken aus der Politik. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, wie viel Macht wir durch unsere tagtäglichen Entscheidungen tatsächlich haben und welchen Einfluss wir damit auf unsere direkte Umwelt ausüben können. Ein Beispiel gefällig?

Die Zukunft der kleinen Geschäfte

Vor ein paar Tagen kam eine sehr liebe Kundin ganz aufgelöst zu uns in den Unverpacktladen und hat erzählt, dass ihre Lieblingsbuchhandlung in der Nachbarschaft schließen muss. In Zeiten, in welchen man auf dem Berggipfel sitzend quasi von den Socken bis zum Fernseher einfach alles mit zwei Klicks und 24-Stunden-Lieferung bestellen kann, haben es kleine Geschäfte oft schwer. Gerade deswegen ist es so wichtig, sich manchmal bewusst zu werden, wen oder was wir unterstützen möchten:

  • die Fastfoodkette oder doch die kleine Dönerbude an der Ecke?
  • riesige Modekonzerne oder die inhaber:innengeführte Boutique?
  • die Supermarkt- bzw. Discounter-Riesen für schnelle Schnittblumen oder lieber die ausgebildete Floristin?
  • auch wir Unverpacktläden werden gerne von Euch besucht und all unsere Lieferant:innen und Produzent:innen freuen sich, wenn ihre Produkte durch Euch Absatz finden. 

Die wahren Kosten: Wie unser Geld die Welt verändert

Durch unseren Konsum bestimmen wir die Richtung unseres Geldes. Es kann in die Taschen großer Konzerne wandern und dem reichsten Prozent der Menschheit dabei helfen, sein Vermögen – im Jahr 2022 immerhin satte 46 % des weltweiten Gesamtvermögens – weiter zu vermehren. Es kann Steuervermeidung, Ausbeutung und Kinderarbeit finanzieren und Milliardären dabei helfen, einen Viertwohnsitz anzuschaffen oder ihrem Fuhrpark das achtzehnte Luxusmodell hinzuzufügen. Oder aber, es unterstützt unsere/n Nachbar:in dabei, die Miete zu zahlen, Familie zu versorgen, auch mal essen zu gehen und doch das selbst geschreinerte statt des Billy Regals zu kaufen. 

Ein Kreis der Wertschöpfung: So profitiert der Kiez von kleinen Unternehmen

Ziel sollte es sein, die Wertschöpfung in der Region zu belassen. Es ist ein Engelskreis: Wenn es Unternehmer:innen in meiner Nachbarschaft gut geht, ist Kaufkraft vorhanden und der ganze Kiez profitiert: vom Kellner über den Fahrradverleih bis hin zur Bäckerin. Wenn aber zu viele Faktoren aus der Gleichung herausgenommen werden, bleiben bald nur noch Einkaufszentren mit den immer gleichen Labels, Online-Shops und Supermarktgiganten. Wenn wir also aus dem Haus gehen, links entlang, rechts entlang… sieht so die Welt aus, die wir uns wünschen?

Innenansicht eines Unverpacktladens mit unverpackten Produkten und Produkten im Mehrweg

Schließungen und Milliardäre: Was die Zahlen uns verraten

Schätzungen des Handelsverband Deutschland (HDE) zufolge haben im Jahr 2023 9.000 vor allem kleinere, unabhängige Einzelhandelsgeschäfte geschlossen. Darunter übrigens auch 50 Unverpacktläden. Das Vermögen von Dieter Schwarz, Gründer und Eigentümer der Handelsketten Lidl und Kaufland, wird derzeit auf 40 bis 50 Milliarden Euro geschätzt. Das private Nettovermögen von Jeff Bezos, Inhaber und Gründer von Amazon, überstieg im Jahr 2021 die Marke von 200 Milliarden US. Dollar. 

Fazit: Kleine Entscheidungen mit großer Wirkung

Es sind oft kleine Entscheidungen, die großen Einfluss haben. Und wenn wir weiterhin gerne in der Nachbarschaft flanieren, Käffchen trinken, shoppen und Produkte aus der Region konsumieren wollen, müssen wir das viel öfter und viel bewusster tun. Veränderung passiert vom Großen ins Kleineund umgekehrt.

Möchtest Du auch mal kurz die Welt ein bisschen retten? Hier findest Du eine Liste aller Unverpacktläden in Deutschland

Picture of Chrissi Holzmann

Chrissi Holzmann

Unsere Autorin Chrissi Holzmann kauft seit fast 20 Jahren keine Produkte von Nestlé mehr, und es ist über ein Jahrzehnt her, dass sie das letzte Mal etwas bei Amazon bestellt hat. Jede ihrer Kaufentscheidungen trifft sie nicht nur mit Blick auf das Produkt, sondern auch auf die Menschen, die sie mit ihrem Geld unterstützt. Ihr Motto lautet: Follow the Money. Und wenn ihr nicht gefällt, wohin das Geld fließt, behält sie es lieber.

Du hast noch Fragen? Kontaktiere Chrissi hier: pr@unverpackt-verband.de

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