Unverpackt Schokocreme Nachhaltig Zero Waste

Der wahre Preis von billig

Warum wir im Unverpacktladen mehr Geld ausgeben als im Discounter und wie wir damit trotzdem Kosten sparen.

Schokoladenauswahl und Wohnungssuche – ein Vergleich

Stellen wir uns einmal folgendes – in München oder Hamburg zugegebenermaßen ein eher utopisches – Szenario vor: wir sind auf Wohnungssuche und der Markt bietet eine unzählig große Auswahl. Wir gehen auf Immoscout, geben die gewünschte Postleitzahl und die benötigte Zimmeranzahl ein und voilà, unser „wünsch-dir-was“ spuckt seitenweise Ergebnisse aus. Klar ist es naheliegend, erst einmal den Filter auf Kaltmiete zu setzen – das Günstigste zuerst. Und tatsächlich sehen sogar die Wohnungen, die uns zu einem Schnäppchenpreis angeboten werden, traumhaft aus.

Wir entscheiden uns also recht schnell dafür, den Mietvertrag für eine 3-Zimmer-Wohnung in München Zentrum für eine Kaltmiete von 500 € zu unterzeichnen. Die Nebenkosten, so heißt es in einer Klausel im Kleingedruckten im Anhang des Vertrages, würden uns nach zwölf Monaten vom Staat in Rechnung gestellt werden. Pfff. Wie viel kann das schon sein? Wen interessiert, was in einem Jahr passiert? Und wie genau will der Staat an mein Geld? Das alles scheint im Moment nicht wichtig, denn die Wohnung ist frei, sofort verfügbar und vor allem billig.

Währenddessen entscheidet sich eine andere Wohnungssuchende bei sonst gleichen Parametern dafür, den Filter der Suchmaschine auf Warmmiete zu setzen. Sie entscheidet sich für eine Wohnung, die kalt 1.400 €, also deutlich mehr als unsere, und warm 1.700 € kosten soll. Der Betrag wird monatlich vom Konto abgebucht. Dieselbe Wohnung, für die wir uns entschieden hatten, tauchte bei ihr ganz weit unten auf, denn die Warmmiete liegt bei irrsinnigen 2.800 €.

Was hat das jetzt mit Schokolade zu tun? Vom Preis am Regal und externalisierten Kosten

Jedes Produkt im Ladenregal, und somit auch Schokolade, hat seinen Preis. Und wenn dieser nicht von den Konsument:innen bezahlt wird, bezahlen ihn die Natur und letzten Endes wir alle, gesamtgesellschaftlich. Steht also ein sehr niedriger Preis am Regal, ähnlich einer sehr günstigen Kaltmiete, ist die Wahrscheinlichkeit, dass hohe Nebenkosten, also externalisierte Kosten auf uns zukommen, sehr hoch. Externalisierte Kosten werden von Unternehmen und Produzierenden vor allem dann gerne in Kauf genommen, wenn sie ihr Produkt oder ihre Dienstleistung dadurch zu einem niedrigeren Preis verkaufen können. Die Entscheidung fällt auf einen Import aus China, weil dort billiger produziert wird, egal, ob Transportwege und somit die CO2-Belastung höher ausfällt. Lebensmittel werden konventionell angebaut, weil der Ertrag dadurch höher ist – auch wenn Böden damit ausgelaugt werden und austrocknen und Hochwasser und Überschwemmungen begünstigt werden. Die Industrie für Körperpflege- und Waschmittel setzt zu oft auf erdölbasierte Inhaltsstoffe, da diese nur einen Bruchteil von Pflanzenölen und -fetten kosten. Die Auswirkungen auf unsere Gesundheit und die unserer Gewässer werden völlig außer Acht gelassen.

Auch ohne Preisschild tragen wir die Nebenkosten selbst

Wer trägt die Kosten für die Folgen des Klimawandels durch den CO2-Anstieg? Wer zahlt für unser Gesundheitssystem? Wer bezahlt den Betrieb der Kläranlagen? Und wem wurde der Wiederaufbau des Ahrtals in Rechnung gestellt? Nur weil wir zu all diesen Kosten keine direkte Abbuchung auf unserem Kontoauszug sehen, heißt das nicht, dass wir nicht dafür zahlen. Es sind Nebenkosten, die durch unseren Konsum und durch unseren ständigen Wunsch nach „schnell, sofort und billig“ entstehen und die uns clevere Makler:innen, oder eher Marketingprofis, hinter ihren Versprechen nach der niedrigsten Kaltmiete verheimlichen. Wären wir alle aufgeklärt genug, uns nach der Warmmiete zu erkundigen und bereit, einen vermeintlich höheren Preis zu bezahlen, wären die Nebenkosten und somit die Gesamtmiete für uns alle deutlich geringer. Derzeit ist der Preis von Billig übrigens so hoch, dass noch unsere Kinder, Enkelkinder und viele Generationen danach die Rechnung über die Nebenkostenabrechnung abstottern werden müssen.

Unverpacktladen versus Discounter

Der Unverpacktladen punktet in Sachen Warmmiete gleich dreifach: in den allermeisten Fällen werden Lebensmittel in Bioqualität bzw. Naturkosmetik angeboten. Es wird größter Wert auf Regionalität sowie kurze und faire Lieferketten gelegt plus, unser USP per Definition: es wird so viel Verpackung wie irgend möglich eingespart. So liegt der Preis der Umweltkosten für Plastik, welches auf dem Weltmarkt einen Dollar kostet, um mindestens ein Zehnfaches höher. Jeder Dollar, den die fossile Lobby also mit Kunststoff verdient (denn Kunststoff ist nichts weiter als ein Abfallprodukt der Erdöl- bzw.- Erdgasherstellung), kostet uns gesamtgesellschaftlich zehn Dollar, denn „die Produktion, der Verbrauch und die Entsorgung von Kunststoffen haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft.“[1] Die Gewinne werden von Konzernen eingestrichen, den Preis zahlen wir. Würden diese externalisierten Kosten von Plastikverpackungen in die Produkte mit eingepreist, würden sich Hersteller:innen wohl zweimal überlegen, wie oft und klein Schokolade einzeln verpackt werden muss – und wir Unverpacktläden wären ganz schnell die günstigsten am Markt.

Und nun? Unsere Forderung an Politik und Wirtschaft

Um beim Suchfilter Kaltmiete nicht hinten runter zu rutschen und um die Kosten für Gesellschaft und Umwelt für zukünftige Generationen so gering wie möglich zu halten, fordert unser Verband:

  • 0 % Mehrwertsteuer auf Produkte, die ohne / in eigener / in Mehrweg-Verpackung gekauft werden (Außer-Haus-Verpflegung, Obst, Gemüse und Brot, sowie Produkte, welche aus einem Großgebinde abgefüllt werden)
  • die finanzielle Förderung unserer Mitgliederläden durch Kostenübernahme von Gewerbesteuer
  • ein Ende der Steuersubventionen für die Kunststoffindustrie
  • Regularien für „Überverpackungen“ und „Mogelpackungen“
  • Den verpflichtenden Hinweis auf Verpackungen, wie hoch die Umweltkosten des jeweiligen Produktes sind, um Verbraucher:innen zu sensibilisieren

Du möchtest unser Handeln und Wirken unterstützen? Finde hier Deinen nächsten Unverpacktladen oder werde Fördermitglied in unserem Verband.

[1] Quelle: https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/kosten-von-plastik

Picture of Chrissi Holzmann

Chrissi Holzmann

Bei jeder ihrer Kaufentscheidungen denkt unsere Autorin Chrissi Holzmann nicht nur ans Produkt, sondern auch an die Menschen, die sie unterstützt. Follow the Money – und wenn ihr das Ziel nicht gefällt, behält sie ihr Geld lieber. Und bei Schokocreme (aus ihrem eigenen Laden) vertritt sie klar die Position: Keine Butter drunter!

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