Regenwald und Soja

Ist die vegane Ernährung eine Bedrohung für den Regenwald?

Artenvielfalt, Regenwald und Soja: Wie eine pflanzliche Ernährung helfen kann, Lebensräume zu schützen und Konflikte um Land zu verringern.

„Veganer:innen sind durch ihren Sojakonsum verantwortlich für die Abholzung des Regenwalds!“
Wer hat diesen Satz so oder so ähnlich schon einmal gehört? Uns begegnet er immer öfter, vor allem dann, wenn die vegane Lebensweise infrage gestellt wird. Grund genug, sich die Tatsachen einmal ganz genau anzuschauen.

Gesund, nachhaltig, ethisch: Warum sich viele für pflanzliche Alternativen entscheiden

Eins steht fest: Veganer:innen essen viele Hülsenfrüchte. Sie sind schließlich das pflanzliche Produkt mit dem höchsten Eiweißgehalt – (teilweise sogar mehr als Rindfleisch)  Und irgendwoher müssen sie diese Nährstoffe ja holen. Dabei ist der Speiseplan in Sachen Hülsenfrucht sehr viel vielseitiger als die bloße Sojabohne: Linsen in allen Farben des Regenbogens, Erbsen, Kichererbsen, Erdnüsse … und natürlich Bohnen – Soja inklusive. In der Regel wird die Sojabohne verarbeitet verzehrt, beispielsweise als Tofu, Joghurt oder Fleischersatz. Veganer:innen entscheiden sich immer dann für ein solches Lebensmittel, wenn es eine gute Alternative zum tierischen Äquivalent ist. Für den Verzicht darauf gibt es unterschiedliche Motivationen. Die häufigsten Gründe dürften folgende sein:

  • ethisch (Mitgefühl mit Tieren, Ablehnung von Massentierhaltung, Empfinden von Töten als Unrecht)
  • gesundheitlich (Krankheitsprävention oder -heilung, Gewichtsabnahme)
  • politisch (Ablehnung des Fleischverzehrs als Beitrag zur Lösung des Welthungerproblems)
  • ökologisch (Beitrag zum Klimaschutz durch den Verzehr pflanzlicher Lebensmittel)

Wer rodet den Regenwald wirklich: Veganer:innen oder die Fleischindustrie?

Würde durch den Konsum von Sojaprodukten durch Veganer:innen Regenwald abgeholzt, wäre die ökologische Motivation, die einer pflanzenbasierten Ernährung zugrunde liegen kann, komplett ad absurdum geführt. Richtig ist, dass das Soja, für das tatsächlich enorme Flächen Regenwald gerodet werden, als Tierfutter dient. Und Tiere haben Hunger. Sie benötigen Energie, um ihre Skelette aufzubauen, um sich zu bewegen, um ihre Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Das, was sie fressen, wird also nicht 1:1 in ein Lebensmittel umgewandelt. Damit wir Menschen durch den Verzehr von Fleisch 100 Kalorien zu uns nehmen können, müssen Tiere bis zu 700 Kalorien fressen. Somit ist es also notwendig, die siebenfache Menge an Futter anzubauen, wenn wir die Nährstoffe erst einmal durch das Tier schleusen, anstatt sie gleich selbst zu essen. Dass dies alles andere als effizient ist, liegt auf der Hand. Zum Vergleich: Nur 3,87 % der globalen Anbaufläche für Lebensmittel werden für die Produktion von verarbeiteten Sojaprodukten genutzt – ein Bruchteil im Vergleich zur Fläche, die für Tierfutter benötigt wird.

Soja direkt essen statt Umweg über Tierfutter: Wie eine pflanzliche Ernährung Regenwald und Ressourcen schützt

Wie kann das nun politisch verantwortet werden? Weltweit waren im Jahr 2023 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen. Wir schaffen es nicht, diese Zahl zu minimieren – und füttern gleichzeitig 36 Milliarden Nutztiere (Zuchtfische nicht mitgerechnet). Brächten wir also die Kalorien von beispielsweise Soja gleich auf den Teller, statt erst in den Trog, wäre das ein einfacher Weg aus der Hungerkrise und gleichzeitig Prävention zur Ernährungssicherheit bei wachsender Weltbevölkerung.

Außerdem gehen mit der Ausweitung des Sojaanbaus Konflikte um Landnutzungsrechte einher. Die indigene Bevölkerung sowie Kleinbäuerinnen und -bauern werden von dem Land, auf dem sie seit vielen Jahren leben und Landwirtschaft betreiben, vertrieben. Auch hier hat die Fleischindustrie ihre Finger mit im Spiel, denn wer Geld hat, kann sich unter korrupten Regierungschefs wie Bolsonaro in Brasilien über Entwaldungsgesetze hinwegsetzen. Während viele Indigene mittlerweile am Rande von Sojaplantagen in prekären Verhältnissen leben in der Hoffnung, ihr Land irgendwann zurückzuerhalten, erwirtschaftet die Fleischindustrie im Jahr 2025 satte 322 Milliarden Euro, die Milchindustrie sogar 344 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das Marktvolumen von Fleischersatzprodukten, zu welchen neben Soja auch Erzeugnisse aus beispielsweise Erbsen, Weizen und Sonnenblumen gehören, beträgt gerade einmal 10 Milliarden.

Grafik über die Flächennutzung und Globale Gerechtigkeit

Die Lösung gegen Abholzung und Artenverlust: Pflanzliche Ernährung und nachhaltiger Sojaanbau

Der Sojaanbau ist übrigens nicht der einzige Grund, warum das komplette Ökosystem “Regenwald” für die Fleischindustrie weichen muss: Tiere benötigen nicht nur zusätzliches Futtermittel, sondern auch Weideland. Laut WWF sind 60 bis 75 % der neu gerodeten Flächen im Amazonasgebiet mit der Umwandlung in eben dieses zu erklären
Es ist also mitnichten die vegan lebende Bevölkerung, die das Abholzen von Regenwald zu verantworten hat – ganz im Gegenteil. Eine (vorwiegend) pflanzliche Ernährung bedeutet, aktiv zum Schutz dieses Ökosystems beizutragen. Radfahren hilft übrigens auch, denn satte 15 % des brasilianischen Sojas landet in Bio-Diesel. Mit dem Attribut “bio”, wie wir es aus der Lebensmittelbranche kennen, hat dies allerdings nichts zu tun. Denn der Großteil des Sojas wird konventionell und in Monokultur angebaut, sodass ein enormer Einsatz von Düngern und Pflanzenschutzmitteln notwendig ist. Dadurch wird der Verlust der Artenvielfalt zusätzlich befeuert. 

Die Sojaprodukte in Deinem Unverpacktladen haben dagegen in der Regel Bioqualität. Zudem kommen sie aus regionalem Anbau: das Soja, welches hierzulande in der Lebensmittelindustrie verwendet wird, stammt meist aus Europa. Aber auch in Deutschland wird Soja angebaut und verarbeitet, und genau diese Produzent:innen, wie zum Beispiel unser Fördermitglied Soma-Tofu, sind die erste Wahl von uns Ladnerinnen und Ladnern.

So schließt sich für uns der Kreis: eine pflanzliche Ernährung mit Produkten aus regionalem, ökologischem Anbau – und das ohne unnötigen Verpackungsmüll.

Quellen und weiterführende Links: 

1 Jeder elfte Mensch von Hunger betroffen – UNICEF-Bericht über die globale Hungerkrise und die Herausforderungen in der Nahrungsmittelversorgung.

2 Sojaanbau in Brasilien: Die Verbindung zwischen Eiweißbohne und Schnitzel – Erklärt, wie der Großteil des brasilianischen Sojas als Tierfutter genutzt wird.

3 Marktentwicklung von verarbeitetem Fleisch weltweit – Statista-Daten zur globalen Fleischverarbeitung und deren wirtschaftliche Bedeutung.

4 Milchindustrie im globalen Vergleich – Marktanalyse über die wirtschaftliche Bedeutung der globalen Milchproduktion.

5 Marktentwicklung von Fleischersatzprodukten – Prognosen und Statistiken zum Wachstum des Marktes für pflanzliche Alternativen.

6 Der Appetit auf Fleisch und seine Folgen – WWF-Bericht über die ökologischen und sozialen Auswirkungen des hohen Fleischkonsums.

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Chrissi Holzmann

Hat sich durch ihre Dozentinnentätigkeit intensiv mit klimabewusster Ernährung auseinandergesetzt. Verpackungssparende, saisonale und regionale Produkte aus ökologischer Landwirtschaft waren ihr schon immer wichtig. Doch erst vor kurzer Zeit wurde ihr bewusst, welch enormen Einfluss eine pflanzenbasierte Ernährung hat – nicht nur in Bezug auf Tierwohl und Klimaschutz, sondern auch aus gesellschaftspolitischer Perspektive. Seitdem verzichtet sie vollständig auf Fleisch und Milchprodukte.
Du hast noch Fragen? Kontaktiere Chrissi hier: pr@unverpackt-verband.de

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